Wespen verstehen

Zu den Echten Wespen gehören die Langkopfwespen (Falsche Kuckuckswespe, Mittlere Wespe, Norwegische Wespe, Waldkuckuckswespe, Sächsische Wespe, Waldwespe), die Hornissen und die Kurzkopfwespen (Rote Wespe, Gemeine Wespe, Deutsche Wespe).

In Mitteleuropa kommen 11 Wespenarten vor.

Erwachsene Wespen fressen Nektar, Pollen, Steinfrüchte, Pflanzensäfte, tierische Stoffe und Insekten. Ihre Larven füttern sie mit tierischem Eiweiß von Insekten oder aus anderen Quellen.

Die Wespennester bestehen aus einer papierartigen Masse. Dafür wird totes oder morsches Holz zu kleinen Kügelchen zerkaut. Nur bei den Hornissen ist das Nest nach unten hin offen. Durch diese Öffnung lassen sie ihre Abfälle fallen. Bei den anderen Arten ist das Nest durch eine Hülle geschützt. Sie enthält Lufteinschlüsse und isoliert gegen Temperaturschwankungen. Die Nester bestehen aus mehreren waagerecht übereinander gebauten Waben. Für jede neue waagerechte Wabe wird die Außenhülle abgebaut und wieder geschlossen.

Es gibt unterschiedliche Vorlieben für die Orte, an denen die Nester gebaut werden.

Die Dunkelhöhlennister (Gemeine Wespe, Deutsche Wespe, Rote Wespe) bauen ihre Nester in Erdhöhlen, Rolladenkästen, Gartenhäuschen, Dachböden. Die Nester sind mit einer oder mehreren Seiten an der Unterlage befestigt.

Die anderen Wespenarten bauen frei hängende Nester in Bäumen, Sträuchern, Hecken oder auf Balkonen. Diese Nester sind leichter zu entdecken.

Alle echten Wespen sind staatenbildend.

Wenige, z.B. die Kuckuckswespe, leben sozialparasitisch. Dazu dringen sie in ein Wespennest ein, töten die Königin, legen eigene Eier und bringen durch Pheromone die Wespenarbeiterinnen dazu, ihre Brut aufzuziehen.

Ein Nest wird immer nur eine Saison lang bewohnt. Im Frühjahr beginnt die bereits im Herbst begattete Königin mit dem Nestbau. Das Nest besteht erst aus wenigen Zellen, in denen sie die ersten Nachkommen pflegt und mit zerkauten Insekten füttert. Wenn die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sind, übernehmen diese alle Arbeiten, die Königin fliegt nicht mehr aus und wird mitgefüttert. Die Brutpflege ist so intensiv wie bei den Bienen. Der Wespenstaat ist arbeitsteilig organisiert. Die Individuen sind entweder mit Nestbau, Brutpflege, Zellensäuberung oder Futterbeschaffung beschäftigt. Es gibt aber keine Kommunikation bezüglich der Nahrungsquellen, keinen Schwänzeltanz. Aus unbefruchteten Eiern entstehen im Spätsommer die Drohnen. Im Herbst stirbt die Königin, bei Kälteeinbruch sterben auch alle Arbeiterinnen. Die Jungköniginnen überwintern in frostgeschützten Spalten oder Erdlöchern. Nur die befruchteten unter ihnen gründen im Frühjahr ein neues Volk, indem sie an geeigneter Stelle mit dem Nestbau beginnen. Alte Nester werden nicht wieder besiedelt.

Den Stachel setzen Wespen ein, um ihre Beute zu lähmen oder sich zu verteidigen. Er ist anders gebaut als bei den Bienen, darum können Wespen Warmblüter wiederholt stechen. Hornissen sind wenig aggressiv, sie meiden den Menschen, verteidigen nur ihr Nest. Wespen- und Hornissengift sind in ihrer Zusammensetzung ähnlich und unterscheiden sich vom Bienengift.

Natürliche Feinde der Wespen sind der Wespenbussard, aber auch insektenfressende Vögel wie der Neuntöter, die Gartenkreuzspinne, Libellen, Hornissen und Schlupfwespen.

Im Kreislauf der Natur spielen Wespen eine wichtige Rolle. Ein Wespenvolk vertilgt so viele Insekten wie eine Meisenfamilie, ein Hornissenvolk gar bis zu 125 Gramm Insekten pro Tag. Ohne Wespen gäbe es viel mehr Raupen, Mücken, Schnaken und Fliegen.

Wespen und Menschen

Für den schlechten Ruf der Wespen sind fast ausschließlich die Deutsche und die Gemeine Wespe verantwortlich. Ihre Völker wachsen im Spätsommer auf bis zu 5000 Individuen an. Da die Nahrung dann knapp ist, beteiligen sie sich gerne an menschlicher Nahrung oder an den Vorräten von Bienenvölkern.

Abhilfe an der Kaffeetafel im Freien kann man schaffen, indem man ca. zehn Minuten vorher in ca. zehn Metern Entfernung eine Ablenkungsfütterung für die Wespen bereitstellt, und zwar Marmelade oder Wurst. Wenn sie sich darauf eingeflogen haben, stören sie nicht mehr an der Kaffeetafel.

Keine hektischen Bewegungen, nicht nach den Tieren schlagen, nicht anpusten – all das erhöht die Wahrscheinlichkeit, gestochen zu werden.

Fliegengitter vor Fenstern und Türen verhindern ein Eindringen in die Wohnung.

Kaffeetrinken und Grillmahlzeiten im Spätsommer ins Haus verlegen.

Bienenvölker können sich selbst gegen Wespen verteidigen. Der Imker muss aber darauf achten, dass die Völker und insbesondere die Ableger stark genug sind und evt. zwei schwache Ableger zusammenlegen.

Falls ein Wespennest erst im Sommer entdeckt wird, so kann man versuchen, bis Ende des Sommers friedlich mit den Tieren zusammenzuleben. Die Flugbahn zum Nest kann durch Tücher oder Platten umgelenkt werden. Wespen tolerieren es auch, wenn der Einstieg ins Nest verändert wird und man z.B. am Flugloch ein Abluftrohr für Wäschetrockner anbringt und evt. um die Hausecke leitet. Die Länge sollte nach und nach gesteigert werden.

Da Wespen stark geruchsgesteuert leben, kann man im Frühjahr eine Besiedelung durch Wespen verhindern, indem man z.B. an die Ecken von Rolladenkästen Nelkenöl sprüht. Wenn das Nest gebaut ist, darf man es nicht zerstören. Dann ist ein Wespenbeauftragter zu konsultieren.

Das Aufstellen von Wespenfallen ist gesetzlich verboten, da auch geschützte Insekten gefangen werden, und lockt zudem nur noch mehr Wespen an.

Bis auf die Deutsche und die Gemeine Wespe sind alle Wespenarten geschützt. Nach §39 Bundesnaturschutzgesetz macht man sich strafbar, wenn man Tiere tötet oder schädigt.

Hornissen gehören zu den besonders geschützten Arten. Das Töten einer Hornissenkönigin (im Frühjahr) kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder einem Bußgeld bis zu 50.000 € bestraft werden.

Gerlinde Neurohr-Technau